Ich kann mich noch sehr gut an meinen ersten Einkauf im Supermarkt erinnern. Damals besuchte ich einen Ex-Freund. Ich wollte etwas für uns kochen. Ihn am Abend damit wie eine Große überraschen. Ich war achtzehn Jahre alt, als ich zum ersten Mal in meinem Leben allein in einen Supermarkt ging.
Wie oft habe ich gehört, dass man im Supermarkt doch nicht sprechen muss. Kommunikation an der Kasse ist nur höflich, nicht zwangsläufig nötig. Und wie oft habe ich diese Art von Besserwisserei gehasst. Stimmt. Muss man nicht. Man könnte es aber müssen. Es könnte eine Frage kommen. Zum Beispiel nach der Postleitzahl oder der Nummer des Einkaufswagens. Beides schon erlebt. Es könnten aber auch ganz andere Dinge passieren, die zwar nicht unbedingt ein Gespräch erfordern, aber sehr wohl aus der Reihe tanzen. Dinge, auf die ich mich als junge Betroffene mit Mutismus noch nicht vorbereiten konnte. Weil ich zu alltagsunerfahren war.
Damals wollte ich noch Hackfleisch kaufen und das war eines der schwierigsten Lebensmittel. Das brauchte ich unbedingt, sonst wäre das ganze Gericht hinfällig gewesen. Für all die anderen Lebensmittel hätte es eine Alternative gegeben, wenn ich es nicht im Regal gefunden hätte. Nur nicht für das Hackfleisch. Schwierig war es, weil ich es nicht exakt planen konnte. Ich wusste nicht, ob es die Menge auch annährend abgepackt gab. Und die Fleischtheke wäre unmöglich gewesen.
Es war schlimm. Zwar klappte am Ende alles, sodass es nicht hätte schlimm sein müssen, aber die Angst war schlimm. All die Male danach waren ebenfalls ein Unterfangen. Es hat lange gedauert, bis ich allein ohne Angst einkaufen konnte. Und auch dann musste ich das immer planen. Es war also noch viel länger ein Vorhaben, das zumindest am Morgen des Tages feststehen musste. Spontan mit Mutismus einkaufen, weil etwas fehlte, funktionierte nicht gut. Und selbst heute gibt es Tage, an denen ich zwar problemlos mitgehen kann, aber das Alleinmachen müsste ich dann verschieben. Dann, wenn keine Kraft mehr übrig ist.