Jeder mit einer psychischen Erkrankung kennt das wahrscheinlich. Sätze, die man immer mal wieder hört. Die ein freundliches Lächeln auf die Lippen malen, aber in Wahrheit einen nur zur Weißglut bringen. Und zwar, weil sie zeigen, dass man nicht ernst genommen wird. Zwei davon sind bei mir folgende:
„Du musst doch keine Angst haben“
Das sagt man wahrscheinlich eher mutistischen Kindern. Zumindest habe ich diesen Satz nur in meiner Kindheit und Jugend gehört. Erwachsenen Betroffenen zu unterstellen, sie hätten Angst, ist wahrscheinlich unangebracht. Das gehört sich nicht. Als Kind und Jugendliche fand ich das aber mindestens genauso unpassend. Denn meistens hatte ich überhaupt gar keine Angst. Zumindest nicht vor dem Sprechen an sich. Ich hatte nie das Gefühl, direkt aus Angst zu verstummen. Ja, ich hatte oft Angst. Mit so vielen anderen Gefühlen zusammen. Vielmehr habe ich mich überfordert gefühlt. Und dann war ich eben stumm.
Wozu soll das also gut sein, einem Betroffenen in einer Sprechblockade zu erzählen, er muss doch keine Angst haben. Natürlich muss man das nicht! Und? Ändert das etwas? Nein.
„Dieses Kommunikationsprobleme ist doch völlig normal“
Diesen Satz habe ich ab und an als Erwachsene mit Mutismus gehört. Und zwar vor allem in der Zeit, als ich den Weg hinaus gesucht habe. Wenn ich manchmal etwas erklären wollte. Erklären, warum gewisse Dinge nicht gut funktionierten. Dann sagte mein Gegenüber, das sei ja vollkommen normal. Natürlich gibt es so viele Menschen, die mit dem Sprechen ab und an Probleme haben. Kommunikation ist kompliziert. Jeder ist hin und wieder gehemmt. Sicherlich.
Aber was interessiert mich denn, ob etwas normal ist oder nicht? Was kümmert es mich, wenn Lieschen Müller auch mal etwas nicht sagen kann, wie sie das will? Es wird schließlich von m i r als Betroffene mit Mutismus erwartet. Ich muss das schaffen. Egal, ob es nun anderen auch so geht oder nicht. Ich bin damit beschäftigt, die Blockade auszutricksen. Deshalb habe ich es gehasst und hasse es noch heute. Weil es respektlos ist, Schwierigkeiten als normal und damit für den Betroffenen selbst als nichtig einzustufen.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Außer: Du schreibst mir aus dem Herzen. Danke.